Mit sanften Kurven und der Rattan-Sitzfläche wirkt der Entwurf förmlicher, als man das von Ihnen gewohnt ist, ein bisschen mehr Bourgeoisie.
Philipp Mainzer: Das ist kein Zufall. Wir wollten durchaus einen Stuhl herauszubringen, der ein bisschen erwachsener ist.
Farah Ebrahimi: Ich finde, diese Haltung ist heute sehr angebracht. Wenn jeder kleine, hübsche Puppenhausmöbel macht oder riesige vulgäre Sofalandschaften, dann stechen diese subtilen Formen heraus. Wir mögen keine Möbel, die zu historisch aussehen. Aber uns gefällt die Substanz, die Grandezza der Vergangenheit. Facetten, die wir in die Zukunft übersetzen wollen. Auch mit einem Stuhl von Ferdinand Kramer aus dem Jahr 1925, den wir reproduzieren. Der ist wahnsinnig beliebt. Die Leute wollen heute etwas Substantielles.
Das ist eine überraschende Erkenntnis. Der Umgang mit Design hat sich doch eher vereinfacht, oder? Ikea macht es längst allen Menschen möglich, Möbel zu kaufen, die zumindest zeitgemäß wirken, und durch Instagram scheint jede und jeder mindestens ein oberflächliches Verständnis davon zu haben, was gut aussieht.
Farah Ebrahimi: Das ist richtig. Design ist ein Thema des Mainstream geworden. Und in gewisser Weise ist das ja auch schön. Aber gerade auf Instagram werden zwar viele schöne Bilder gepostet, von herausragenden Designarbeiten, aber auch Kunstwerken oder Modeentwürfen. Gleichzeitig scheinen sich die Leute weniger dafür zu interessieren, wer diese Dinge eigentlich gemacht hat und warum. Es geht nur noch um eine visuelle Stimulation. Das ist die Kehrseite der Demokratisierung des Designs.
Philipp Mainzer: Interessanterweise hat auch diese Entwicklung vor etwa 25 Jahren angefangen, Wallpaper* zum Beispiel wurde ungefähr zur gleichen Zeit gegründet wie unsere Firma. Auch dieses Heft war damals revolutionär und radikal. Es hat Design zu einer Ware gemacht und Disziplinen zusammengebracht. Im Grunde wurde damals geformt, was wir heute so unschön Lifestyle nennen.
Auch Sie überschreiten gern die Grenzen der Disziplinen, etwa wenn Sie mit dem Fotografen Mark Borthwick oder Modedesigner Bernhard Willhelm kooperieren.
Philipp Mainzer: Kooperationen sind für uns ein wichtiges Werkzeug, ganz egal, aus welchen Disziplinen unsere Partnerinnen und Partner kommen. Wenn wir mit Leuten wie Mark arbeiten, oder eine limitierte Edition mit Michael Riedel erarbeiten, dann sind das Momente, die einen echten Unterschied machen.
Farah Ebrahimi: Die Bereitschaft, übergreifend zu denken, rührt auch daher, dass wir ja selbst aus verschiedenen Disziplinen kommen, aus unterschiedlichen Kulturkreisen zudem. Diese Hintergründe, unsere Temperamente, machen e15 zu dem, was es heute ist. Die Firma steht auf einem festen Fundament, auf Philipps Ideen, seiner Klarheit und Disziplin. Ich bringe einen modischen Charakter ein, einen bestimmten Charme – und ich halte Charme für ein wichtiges Wort. Das ist die emotionale, expressive Facette als Kontrast zur rationaleren, überlegten Seite der Firma. Dieses Emotionale und Rationale, Feminine und Maskuline, wie auch immer man das nennen will, macht e15 sehr besonders.