Kolumne: Luxurieren als soziale Strategie
Bazon Brock und seine selbst designten goldenen Essstäbchen. Ein Denkanstoß.
Schon vor vierzig Jahren habe ich dem japanischen Staat vorgerechnet, dass es in jederlei Hinsicht vorteilhaft wäre, jedem Einwohner ein Paar goldene Essstäbchen zu schenken. Warum? Japaner benutzen zu jeder Mahlzeit frische Holz- oder Plastik-Essstäbchen, weil im feuchtwarmen Klima die Keimentwicklung auf benutzten Stäbchen kaum unterbunden werden kann. Um den Nachschub an hölzernen Essstäbchen zu sichern, schlug und schlägt man in Südamerika Urwaldriesen. Diesen irrwitzigen, zerstörerischen Konsequenzen der Konsumsicherung entginge man, wenn jeder Asiate vom fünften Lebensjahr an ein Paar goldene Essstäbchen benutzte.
Zum einen: Gold nimmt keine Bakterien an, und somit sind goldene Essstäbchen unter allen klimatischen Bedingungen stets hygienisch einwandfrei. Zum anderen: Es wäre ökologisch höchst wünschenswert, die Rodung der Urwälder zu stoppen. Auch würde es sich ökonomisch rechnen, goldene Essstäbchen zu benutzen, statt dreimal täglich, wenn auch nur für Cent-Beträge, neue Stäbchen zu erwerben; denn je nach aktuellem Goldpreis hätten sich nach zehn bis fünfzehn Jahren die Investitionen in goldene Stäbchen ausgezahlt. Kaum jemand würde Essstäbchen aus Gold so leichtsinnig wegwerfen wie solche aus Holz oder Plastik – und so bliebe den Japanern über Jahrzehnte die Ausgabe für täglich neue Bestecke erspart.