Aktuell wird die englische Designerin Faye Toogood auf der Maison&Objet in Paris als „Designer of the Year“ gefeiert. Ihre unkonventionelle und multidisziplinäre Herangehensweise macht sie zu einer herausragenden Figur in der internationalen Designszene. Wir stellen euch die Britin vor.
Mit Emotionen gestalten und Menschen durch ihre Designs verbinden - darin sieht Faye Toogood ihre Berufung. Das Werk der Autodidaktin spricht dabei für sich: Sie beeindruckt durch ihre kreative Vielseitigkeit, die Design, Mode, Kunst und Skulptur nahtlos miteinander verbindet. Ihre Arbeiten, wie der ikonische „Roly-Poly Chair“, sind ein Beispiel für ihre Fähigkeit, mutige und spielerische Konzepte in greifbare, inspirierende Designs zu übersetzen. Kein Wunder also, dass die Pariser Messe Maison&Objet sie 2025 zur Designerin des Jahres kürt.
Naturverbundenheit und kreative Freiheit
Aufgewachsen in der idyllischen englischen Landschaft, fernab von Fernsehern und digitalen Ablenkungen, fand Faye Toogood ihre Inspiration in der natürlichen Welt und der Kraft der Fantasie. Sie sammelte Fundstücke, arrangierte sie und ließ ihrer Kreativität freien Lauf. Diese frühen Erlebnisse haben ihren einzigartigen Designstil maßgeblich beeinflusst.
“I was born in the UK to a very English family, and we lived in the countryside. My mother was a florist, and my father loved ornithology. We didn’t have television, so I read, drew and we got up early to watch the birds. Nature was our playground, I collected all sort of things and then spent time arranging them. This still influences my work in the way I use materials. My colour palette is inspired by those landscapes.” Faye Toogood
Nach einem Studium der Kunstgeschichte an der University of Bristol begann sie ihre Karriere als Redakteurin bei der renommierten Zeitschrift World of Interiors, wo sie als Stylistin und später als Redakteurin tätig war. Diese Erfahrung schärfte ihr Auge für Details und verfeinerte ihr Wissen über Designgeschichte und Stilrichtungen.
Im Jahr 2008 gründete sie schließlich ihr eigenes Studio in London, das schnell zu einem Zentrum für experimentelles und multidisziplinäres Design wurde. Zwei Jahre später folgte ihre erste Kollektion „Assemblage 1“, die die Designwelt mit ihrer einzigartigen Verbindung aus traditionellen englischen Materialien und zeitgenössischer Ästhetik beeindruckte. Ihr Weg zeigt, wie Naturverbundenheit, Fantasie und ein tiefes Verständnis von Designgeschichte zu einer unverwechselbaren kreativen Handschrift führen können.
Limited Editions als Experimentierfeld
Ihre limitierten Editionen bieten Toogood die Möglichkeit, künstlerische Grenzen auszuloten und Design neu zu denken. Diese experimentellen Arbeiten haben ihr nicht nur weltweite Anerkennung eingebracht, sondern sind auch in den ständigen Sammlungen mehrerer internationaler Museen vertreten. In New York wird sie beispielsweise von der renommierten Friedman Benda Galerie repräsentiert.
“For the last 10 years alongside my made-to-order furniture collections, I’ve been producing limited edition pieces for collectors. This practice has been widely criticised for being too expensive and not functional enough. Like haute couture, it’s the purest part of my artistic expression. The freest. It has an impact on everything I do. Roly-Poly would not have existed without this research. It’s a liberation. Are the pieces expensive? Yes. Are they aimed at museums or collectors? Yes. But it’s an essential part of my practice.” Faye Toogood
Toogood hat zudem mit zahlreichen namhaften Marken zusammengearbeitet: Von den italienischen Teppichdesignern cc-tapis und Maison Matisse über die New Yorker Tapetendesigner Calico bis hin zu den Möbelmarken Tacchini und Poltrona Frau. Besonders bemerkenswert ist die Entwicklung ihres „Roly-Poly Chair“, der sowohl als industriell gefertigte Version von Driade als auch als handgefertigtes Studio-Stück erhältlich ist. (Bei uns übrigens über nunido im stilwerk Hamburg.)
“This chair is better known than I am. For two years, no one was interested. It was an alien. Some see in it the curves of Art Deco, others a primitive African style with elephant feet. It was so different from the marble and brass we were seeing at the time. Roly-Poly was a turning point for me. I’d just had my first child and everything became softer, rounder and bouncier. Before, I produced dark things, with angles, steel and welding. I find that when a piece of work is linked to real emotions, it hits home. It conveys an intuition and feelings that go far beyond aesthetics and form. If we design objects in this way, they take off. Roly-Poly is also a child’s approach to the world. Picasso said: “Every child is an artist. The problem is how to remain an artist as you grow up.” I believe successful creatives have not lost that connection.” Faye Toogood
Ihre jüngste Kollektion, „Assemblage 8“, spiegelt ihre experimentelle Herangehensweise wider: Möbel, die wie ein Puzzle oder ein Kinderbaukasten zusammengesetzt werden können. „Geben Sie den Menschen die Teile eines Puzzles und lassen Sie sie selbst herausfinden, wie es funktioniert“, erklärt Toogood.
„Kreativität ist das Herzstück dessen, wer wir sind, woher wir kommen und wer wir eines Tages sein könnten.“ Faye Toogood
Die vielfältige Arbeit von Faye Toogood und ihrem Studio Toogood: Oben links: © Genevieve Lutkin, oben rechts: Ein Blick ins Studio © Toogood | Mitte rechts: Ganzheitliche Komposition © Genevieve Lutkin, Mitte Rechts: Roly-Poly Chair © Matthew Donaldson | Unten v.l.n.r.: © Toogood, © Andrea Ferrari, © William Waterworth, © Matthew Donaldson
Frauen im Fokus des Designs
Als eine der wenigen international anerkannten Frauen in der Designwelt setzt sich Toogood für mehr Repräsentation ein. Ihre Arbeit ist Teil der Initiative „Women&Design“ auf der Maison&Objet, die sich für die Förderung von Frauen in der Branche einsetzt. Sie selbst sieht sich als Teil einer neuen feministischen Bewegung, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern nicht verwischt, sondern zelebriert.
Ein Höhepunkt in Paris: „walnut head“
In ihrer Installation auf der Maison&Objet 2025 lädt Toogood die Besucher:innen ein, in ihr kreatives Universum einzutauchen – ihre sogenannte „walnut head“. Die Ausstellung vereint vier Kapitel – Zeichnung, Material, Skulptur und Landschaft – und bietet eine surreale Reise durch die Gedankenwelt der Künstlerin. Diese interaktive Inszenierung zeigt eindrucksvoll, wie Design Alltägliches in etwas Außergewöhnliches verwandeln kann.
“WOMANIFESTO : CECI N’EST PAS UNE CHAISE !”
“This is my womanifesto. Self portrait of the brain as an artist. Squishy. Surreal. Sensual. Sexual. Spontaneous. Turning the studio of my subconscious inside out.”
Womanifesto © D.R.
Design, das verbindet
In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz und Technologie den Alltag zunehmend prägen, bleibt Faye Toogoods Ansatz tief menschlich. Für sie geht es nicht nur darum, funktionale Objekte zu schaffen, sondern Emotionen einzufangen und durch Design echte Verbindungen zu Menschen herzustellen. Ihre Werke sind mehr als Gegenstände – sie erzählen Geschichten, wecken Gefühle und laden dazu ein, die Welt auf eine neue, intensivere Weise wahrzunehmen.
Über die Maison&Objet
Maison&Objet, seit 1994 eine feste Größe in der internationalen Design- und Lifestylebranche, ist mehr als nur eine Messe – es ist ein Magnet für Kreative und Marken aus aller Welt. Mit zwei jährlichen Ausgaben in Paris sowie der digitalen Plattform MOM (Maison&Objet and More) bietet das Event nicht nur eine Bühne für die neuesten Trends und Talente, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten für Networking und Geschäftsentwicklung. Von interaktiven Ausstellungen über inspirierende Diskussionen bis hin zu Produktpremieren – Maison&Objet ist ein unverzichtbarer Treffpunkt für die Design-Community und ein Impulsgeber, der Paris als globale Hauptstadt der Kreativität positioniert.
Quelle: Maison&Objet