130 Jahre Bretz mit Phantasie, Leidenschaft und vor allem Mut. Wir sprachen mit Geschäftsführerin Carolin Kutzera, die das Familienunternehmen mit Sitz in Gensingen in fünfter Generation führt.

Bretz wird 130 Jahre alt – eine ganz schöne Hausnummer in der schnelllebigen Interior-Branche. Doch nicht nur Resilienz zeichnet das Gensinger Familienunternehmen aus, sondern auch die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden und dabei seiner Essenz treu zu bleiben. Heute prägt Carolin Kutzera in fünfter Generation Designvision und Markenstrategie von Bretz. In einem kurzen Interview gibt sie Einblick in ihren Alltag als Geschäftsführerin und Ideengeberin.
Wann warst du zuletzt mutig?
Carolin Kutzera: In meinem Job bin ich das ständig, also zusammen mit meinem Team. Wir entwerfen immer wieder andersartige Möbel, die uns im Designprozess so herausfordern, dass sie unsere Nerven stark dehnen (lacht). In solchen Momenten ist es wichtig, fest hinter unserer Philosophie zu stehen und nicht doch den einfacheren Weg zu gehen.
Was sagst du Leuten, die sich an eine Bretz-Kreation nicht so recht herantrauen?
C.K.: Ich möchte Menschen dazu einladen, wirklich in sich hineinzufühlen, sich frei zu machen und ihrem Instinkt zu folgen. Ob andere dieselbe Entscheidung treffen würden, soll keine Rolle spielen. Oft kommt eine Person zu uns in den Store, weil sie etwas gesehen hat, was sie toll findet und was die Neugier geweckt hat. Dann setzten die kritischen Gedanken ein: ‘Soll ich etwas Dezenteres nehmen? Ich will nichts falsch machen.‘ Am Ende entscheidet sich die Person dann doch für das Möbelstück, das den Loveat- first-Sight-Moment ausgelöst hat.
Geschäftsführerinnen sind in der männerdominierten Branche eine Seltenheit. War es mutig, dass du dich 2018 für diese Position entschieden hast?
C.K.: Für mich war es der nächste konsequente Schritt. Mein Herz schlägt für Design. Ich möchte die Transformation des Unternehmens in Bereichen wie Digitalisierung, Omnichannel-Vertrieb und Nachhaltigkeit vorantreiben. Gleichzeitig war die Entscheidung ein Sprung ins Ungewisse. Bei einigen Branchentreffen bin ich die einzige Frau. Aber Frauen treffen die meisten Möbel- Kaufentscheidung, daher finde ich es wichtig, sie ins Management einzubeziehen und ihrer Perspektive mehr Gewicht zu geben. Ich hoffe, weitere Frauen ermutigen zu können, eine ambitionierte Karriere einzuschlagen. Wenn ich andere weiterbringe, bringt das auch mich weiter. Die Erwartungen an mich sind vielleicht höher, weil ich im Unternehmen meiner Familie arbeite – und der Anspruch von Bretz lässt sich nur erfüllen mit einem exzellenten Team, in dem alle möglichst frei sind und motiviert, ihre Ideen einzubringen.
2022 hast du Zwillinge bekommen. Wie bringst du das alles unter einen Hut?
C.K.: Wir probieren aus und testen: Was funktioniert, wie finden es die Kinder, wie finde ich es? Wichtig ist, sich mal was rauszunehmen und den Mut zu haben, das Bedürfnis dafür klar auszudrücken. Damals bin ich nach wenigen Monaten wieder in den Job eingestiegen. Ich will nichts beschönigen, es ist schon schwierig. Aber mit der Unterstützung der Familie, guter Kommunikation und Teamgeist kriegen wir das hin.